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GÜNTHER, Ralf: Der Dieb von Dresden

Pretiosen für die Spionage.

So habe ich die Rezension zu Ralf Günthers Buch überschrieben.  Das war im April 2012.
Da mir nun sein Roman Der Leibarzt in die Finger kam, will ich hier die erste Rezension, die zuerst auf buchgesichter.de erschien, niemandem vorenthalten. Hinzukommt, dass es am 25. November 2019 ein dreister Einbruch in das Grüne Gewölbe stattfand, bei dem über 4300 Brillanten und Diamanten in sogenannten Garnituren geraubt.

Mit diesem Buch habe ich schon länger geliebäugelt. Nun schon vor Wochen war es in einem Paket voller lieber gedruckter Gaben. Es ist ein historischer Roman, er spielt in Dresden, handelt von den Kunstschätzen im Grünen Gewölbe – was will man mehr.

Zum Inhalt:
NAPOLEONs Grand Armee ist von ihrem misslungenen Russlandfeldzug zurück. Nach und nach fallen die Verbündeten von ihm ab. Im Moment steht der sächsische König Friedrich August (sowieso „nur“ König Gnaden von L’ empereur) noch zu ihm.

In dieser Zeit wird Hofrat Baron von BLOCK beschuldigt, seinen Vizeinspekteur im Grünen Gewölbe ermordet zu haben. Dieser soll ihn beschuldigt haben, mehr als 300 Stück Pretiosen aus der königlichen Schatzkammer abgezweigt zu haben. Nebenbei ist besagter BLOCK auch noch Anhänger des Franzosenkaisers. Im Gegensatz zu seiner Tochter ARIANE.

Just in diesem Zeitraum kommt Ernst Theodor Wilhelm  HOFFMANN nach Dresden. Der ziemlich versoffene künstlerische Tausendsassa will als Musikdirektor in eine Kapelle eines gewissen SECONDA einsteigen. Er braucht Geld. Für Wein, für Essen, für seine verletzte Frau und überhaupt. Das W ist nicht etwa falsch, er hat es gegen das A wegen seiner Verehrung für W.A.M. eingetauscht. Der Zufall will es, dass der musikalische Dichter bzw. der dichtende Komponist, der auch ein ganz passabler Jurist sowie Musikkritiker, Zeichner und Karikaturist ist, dem Fräulein Baroness von BLOCK Klavier- und Gesangsunterricht erteilen soll. Da er wie gesagt Jurist ist, hängt er sich in den Fall BLOCK rein, welcher sich zu einem völlig unübersichtlichen und geheimnisvollen Fall entwickelt, der auch ein riesiger Fall von Spionage ist.

Welche Rolle spielt dabei v. HIPPEL, der preußische Freund HOFFMANNS? Oder Madame de BARRY, die die französische Revolutionsblutmaschine namens Guillotine gleich zweimal überlebte? Ist der Baron nun ein Dieb, kein Dieb aber dafür ein Mörder? Oder gar nichts der gleichen? Ganz nebenbei lernen wir auch noch den Namensgeber der Medizinischen Akademie zu Dresden, Carl Gustav  CARUS kennen. Und diverse andere Leute…

Es ist der Vorabend der Völkerschlacht bei Leipzig…
Die Dresdner gehen zwischen den Kämpfen und Schlachten draußen vor der Stadt auch schon mal ins Theater und amüsieren sich. Aber die bekannten Plätze werden eines Tages voll sein von verwundeten und verstümmelten und toten Soldaten aller Herren Länder.

Das Buch: 
Wir haben hier einen spannenden, kurzweiligen historischen Roman vor uns liegen, dessen Hauptfiguren auch historische Personen sind. Den BLOCK gab es und von E.T.A. HOFFMANN hat auch schon jeder gehört. Wenn nicht, dann vielleicht von OFFENBACH. Der hat nämlich eine Oper, HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN geschrieben. Wir können mit den Figuren mitfiebern und haben ziemliche Schwierigkeiten, den Spionagefall vor dessen Auflösung zu entwirren. Mir zumindest ist es nicht gelungen. Der Dresdner oder die Dresdnerin unter den Lesern bewegt sich zwischen den Seiten wie auf bekannten und unbekannten Wegen seiner Stadt.

Sprache und Stil entsprechen vermutlich der beschriebenen Zeit, Ein gewisser Wahrheitsgehalt ist ebenfalls vorhanden. Im Nachwort schreibt der Autor, dass der Hofrat BLOCK wirklich eines Diebstahls bezichtigt wurde und auch Hoffmann befand sich zu dieser Zeit in Dresden.

Für jeden Dresdner und auch für jeden Nicht-Dresdner wärmstens zu empfehlen. Am Ende muss man dann nur noch eine Biografie von E.T.W. Hoffmann lesen. Wenn einem Wicki nicht genügt.

Der Autor:
Ralf Günther wurde 1967 in Köln geboren.  Er hat Theater-, Film-, und Fernsehwissenschaft, Germanistik
und Pädagogik studiert. Seit 1993 ist er freier Schriftsteller. Im selben Jahr ist er auch mit seiner Familie nach Dresden gezogen. Nach einem Aufenthalt in Hamburg lebt er wieder in der Nähe von Dresden.

  • Ralf Günthers im Internet
  • Ralf Günther in der DNB
  • Ralf Günther in wikipedia
  • DNB / LIST / Berlin 2009 / ISBN: 978-3-548-60906-5 / 460 Seiten
  • auf Litterae-Artesque am 28.12.2013 veröffentlicht

 

© Bücherjunge (NZ, 21.03.2022)

Günther, Ralf: Die Badende von Moritzburg

Novelle – Novella – Novelette. Kürzere Erzählung. Kurzepik in Prosaform. Sie hat „eine mittlere Länge, was sich daran zeige, dass sie in einem Zug zu lesen sei.“ (wikipedia)

Aha. Aber eigentlich will ich mich gerade nicht in „literaturwissenschaftlichen Betrachtungen“ ergehen, obige zwei Zeilen habe ich außerdem soeben in der bekannten Online-Enzyklopädie nachgeschlagen. Aber es passt. In einem Zug zu lesen, zumindest, wenn man rechtzeitig am Tage damit anfängt. 

Eine Sommernovelle namens DIE BADENDE VON MORITZBURG. Wir begeben uns zurück in das Jahr 1910 und begleiten die Bürgerstochter Clara Schimmelpfenninck auf den Dresdner Weißen Hirsch, wo das Lahmann-Sanatorium zu finden ist. Die junge Frau leidet an hysterischen  Anfällen und soll sich beruhigen. Dazu gehört viel frische Luft beim sogenannten Luft- und Sonnenbaden. Dazu tragen die Damen das sogenannte Luftbadehemd.

„Darin fühlte sie sich kaum weniger als nackt. Es musste ohne Unterwäsche getragen werden, der Baumwollstoff fiel locker um den Leib, damit möglichst viel Luft auf die Haut ventiliert wurde. Weich schmiegte er sich an ihren Körper und verwies dezent auf ihre Formen. Über die Schulter floss das rötlich blonde Haar, offen, wie sie es auf der Straße niemals zu tragen wagen würde.“ Die Badende… – Seite 9

 

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Dichterhäuser um Dresden

Eine dichterische Reise kann man unternehmen und dieses Büchlein passt in jede Fototasche. Besucht man all diese Orte rund um Dresden hat man eine Weile zu tun.

Zuerst stutzte ich, gar kein Kästner, gar kein Körner? Und auch der Schiller wird im Büchlein nicht mit einer eigenen Geschichte erwähnt? Aber das Buch heißt ja: … rund um Dresden…

Trotz ausgeprägter bibliophiler Neigung: die Dichter des 18. Jahrhunderts waren bisher eher nicht Gegenstand meiner lit(t)erarischen Unternehmungen. Und der Kunstbanause muss dann auch gestehen, dass er mit einer ganzen Reihe dieser Großen nichts anzufangen weiß. Doch halt: Da ist plötzlich von einem Richard Wagner die Rede, das Richard Wagner Haus in Graupa wird sicher demnächst einmal aufgesucht. Neu war mir, dass Friedrich Wolf eine Zeit lang in Langebrück ansässig war.  „Professor Mamlock“ war Schulstoff und „Die Weihnachtsgans Auguste“ beliebter Kinderspaß, erst im Buch und alljährlich auch als Film am Weihnachtstag.

Tatsächlich bekannt ist mir eher die Villa Shatterhand in Radebeul, die mit einem gewissen Karl May verbunden ist. Auch diese habe ich bestimmt das letzte Mal als Kind gesehen. Da sollte man mal wieder schauen, was die heutige Ausstellung so her gibt.

„Richard Wagner schrieb den Lohengrin in seiner Sommerwohnung auf dem Schäferschen Gut in Graupa und Karl May legte mit dem Kauf seiner Villa Old Shatterhand in Radebeul, in dem er seine letzten Lebensjahre verbrachte, den Grundstein für das heutige Karl-May-Museum. Die meisten in diesem Band vorgestellten Häuser beherbergen heute Museen, Archive, Gedenkstätten und sind der Öffentlichkeit zugänglich. Das Buch lädt ein zum Besuch von historischen Gebäuden in unvergleichlicher Landschaft. Nach dem erfolgreichen Buch Dresdner Dichterhäuser lädt der Folgeband zu Besuchen auf Schlössern, Rittergütern und Sommerhäusern von Nöthnitz bis Maxen, Wachau bis Radeberg, Langebrück bis Radebeul.“ (Buchrücken)

 

Anzunehmen ist dass die Geberin des Geschenkbüchleins mich auf die Reise schicken will, nicht nach Plätzen, die man „verlorene“ nennt, nein, auf die Suche nach den Dichtern vergangener Zeiten mit einiger Bedeutung. doch warten wir besser das Frühjahr ab.

  • Norbert Weiß, Jens Wonneberger: Dichterhäuser um Dresden
  • be.bra verlag berlin.brandenburg, Berlin 2004
  • ISBN: 3-89809-047-7
  • auch unter Litterae-Artesque am 13, Dezember 2019

© Bücherjunge (NZ – 29. Januar 2021 – UR)