Baum, Beate: Kunstgerecht (Kirsten-Bertram 10)

Beate Baum, die sich selbst als Reisejournalistin bezeichnet und eine ausgesprochene Kennerin der Inseln jenseits des Ärmelkanal ist, hat da noch ein zweites Standbein, welches in diesem Jahr gleich zum zehnten Mal hoffentlich nicht nur die Herzen ihrer Stammleser erreichen wird. Kirsten Bertram ist wieder da, ein bißchen das Alter Ego der Autorin. Auch wenn ein paar biografische Details übereinstimmen, Kirsten ist Kirsten und Beate ist Beate, gelegentlich allerdings Viktoria. 

Besagte Kirsten Bertram kommt etwas in die Jahre. Eben war sie noch etwas über 30 (Auf Sendung – KB 1) nun schon jenseits der 50. Ihre Radleistung kreuz und quer durch Dresden kannn sich sehen lassen, gefühlt herrscht im Sommer von KUNSTGERECHT genau die Hitze, die draußen zu finden ist.

Diesmal geht es um Kunst, genauer um einen Maler, der sich nach seinem Geburtsort Zwönitz benannt hat. Berühmt geworden und natürlich egozentrisch. Dessen Privatassistent ist gerade ins Jenseits geholt  und Kirsten Bertram durch ihren Freund Viktor auf den Fall aufmerksam gemacht wurden. Existiert da ein Jugendgemälde, welches die einstige Geliebte eventuell verkaufen möchte? Doch erst einmal wird die Frau des Assistenten im eigenen Haus, kurz nach der Beisetzung des Verstorbenen, erschlagen. Der Viktor war in der Nähe und nun hat er eine Unterkunft im Hammerweg (U-Haft) bezogen.

Auch Andreas, Kirstens Mann, musst einziehen, allerdings in die Klinik und anschließend in die Reha. Dem rastlosen Investigativjournalisten passt das gar nicht, er ist mal wieder rechten Strukturen und Gruppen auf der Spur und nun zum Stillhalten gezwungen. 

Beate Baum hat das berühmte Verhältnis der beiden zu Dale Ingram erst einmal mit Dale in dessen Heimat USA verlagert. Dummerweise ist der nun mit Franziska liiert und damit fällt die polizeiliche Quelle für Kirsten aus, die sie wegen des armen Viktor anzapfen könnte. Der ermittelnde Kommissar hat für ihre Anliegen wenig Gehör…

In Schandau wird es gefährlich, aber mehr wird nicht verraten….

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Mohr, Francis: Gnadentod

 

„Die Zeit rennt. Denn schon wieder ist ein Mensch gestorben. Die Angst geht um am Rande der Stadt. Eine mysteriöse Todesserie erschüttert die Sonnen-Klinik. Wann erwischt es den nächsten Patienten? Kommissar Kafka ermittelt – und zweifelt bald schon an seinem Verstand. Da gibt es ein neues Opfer.“ (Buchrücken) …“

Das ist Stoff für einen vermutlich schon x-mal geschriebenen Roman und diverse TV-Krimis. Entweder Rache als Motiv oder assistierter Freitod oder eben Gnadentod… Doch dieser Kommissar mit dem bezeichnenden Namen Kafka, den er aus begreiflichen Gründen auch mal verleugnet, muss weit über seinen Ermittlungsansatz hinaus. Eines Abends auf dunkler Straße hat er eine Autopanne. Es begegnen ihm mehrere Busse. Auf der Suche nach Hilfe soll er sich ausweisen. 

„Polizeidienstausweis Freistaat Sachsen. Kriminalhauptkommissar Josef Kafka… Noch nie gesehen. Das Foto von Ihnen ist sogar in Farbe. Sind das neue Papiere?… Unsere Polizei hat lediglich Metallmarken.“ 

Kafka hält die Kolonne für eine Oldtimerparade.

„Das ist eigenartig. Dem Papier fehlt das Hakenkreuz. Das Deutsche Reich ist doch nach Gauen eingeteilt, oder?“ (Seite 15)

Da rennt Johann aus den Bussen in den Wald, die Betreuer oder Bewacher hinterher, was sind das für Leute? 

Von Sachsen führt der Weg ins Sudetenland, nach Berlin, die plötzlich Reichshauptstadt heißt und auf den Pirnaer Sonnenstein…

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Kennst du das Land, wo die Optionen blühn?

Ein Kästner-Opern-Abend im Juli 2024

Betrachten wir einfach mal dieses Bild: Wir sehen eine Theaterbühne und darauf drei Schauspielerinnen und zwei Schauspieler, die hier vor allem zeigen, dass sie singen können. Die beigelegten Bücher weisen auf Erich Kästner hin, der vor 125 Jahren in Dresden geboren wurde. Augenscheinlich geht es um Kästner-Texte. 

Der Titel des Stücks, sucht man nach diesem, irritiert anfangs etwas: „Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn?“ schrieb Kästner einst für das Buch „Herz auf Taille“. Wer dabei an Goethe denkt, liegt bezogen auf den Titel nicht zu falsch, nur schrieb der im „Lied der Mignon“ in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ von „Zitronen“.

Bezogen auf den Inhalt haben beide Dichter hier nichts miteinander zu tun, auch das Versmaß scheint nur oberflächlich ähnlich. Nun aber haben sich die Dramaturgen der „Serkowitzer Volksoper“ den Titel anders zu eigen gemacht. Es sind keine Kanonen, keine Zitronen, es sind Optionen geworden; Optionen der kleinen Leute in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Fünf Einakter und ein „gemeinsames Bühnenfinale“ bekommen wir am 23.Juni 2024 auf der „Zirkuswagenbühne“ in der Dresdner Saloppe zu sehen und zu hören. 

Es ist nur eine Geschichte von fünf, die mir bekannt vorkommt, doch dazu später etwas mehr. Ein wenig Recherche zeigt, alle Geschichten stammen aus dem Erzählband „Der Herr aus Glas“. Fünfundvierzig Erzählungen befinden sich darin. Das ist eine Auswahl unter rund 140 Erzählungen. Die Editorische Notiz am Ende des Buches erklärt, dass dies „eine Auswahl der besten und für das Bild des Schriftstellers überraschendsten Texte“ enthält. Allerdings steht dort auch, dass „Arbeiten, die als Vorstufen in größeren Werken wie den Kinderbüchern“ nicht berücksichtigt worden wären, was aus meiner Sicht nicht ganz stimmt, wie wir gleich sehen werden.

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Dresden (er)lesen 2024

Natürlich folgt der Dresdner Bücherjunge hoch über der Elbe dem Erlebnis Dresden (er)lesen, schon seit Jahren ein Ereignis am Tag des offenen Denkmals. Freunde und Verlage treffen, Musik hören, in Büchern stöbern; als in das in großer Hitze im ausgehenden Sommer des Jahres 2024. Einige Bücher mussten auch mit und diesmal eine Schallplatte.

Frank Goldammer übergab mir den dritten Band von BRUCH ( Bruch 1 / Bruch 2 ); Zeit für ein weiteres internes Gespräch und dann die Präsentation der zweiten Auflage seines Romans Vergissmeinnicht, präsentiert von der Schöpferin unermüdlich für diese Veranstaltung kämpfenden Katharina Salomo. 

Ich lauschte Kästner-Passagen der Serkowitzer Volksoper, die hier schon einen Post hat und unterhielt mich mit deren musikalischem Leiter. Einer meiner Höhepunkte war die „Stimme“ Julian Dawsons, der aus seinem Buch über den 1994 verstorbenen Pianisten Nicky Hopkins las und selbst einige der alten Songs zum Besten gab. Was passt das besser als eine Schallplatte?

Über dieses oder jenes Buch wird noch zu berichten sein… und demnächst eine Zusammenarbeit mit Katja, der Dresdner Bücherfreundin, die man, also ich, immer trifft in solchen Dresdner Veranstaltungen. Wir sehen uns meistens mehrfach, steuern wir doch oft die gleichen Verlage und Leute an

Der Bücherjunge

NZ, 12.09.2024

Kästner in der Volksoper

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn? Das von J.W.v.G.? – Irgendwie weit vor Kästner. Der allerdings schrieb, ohne übermäßigen Goethe-Bezug das Gedicht Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn? Wenn dann ein Stück Kennst du das Land, wo die Optionen blühn? heißt, dann hat es im 125sten Jahr der Geburt von Erich Kästner wohl was mit diesem zu tun. Momentan gibt die Serkowitzer Volksoper in der Zirkuswagen-Bühne in der SALOPPE genau dieses Stück.

Erich Kästner, geboren in Dresden gab die Vorlagen in DER HERR AUS GLAS. Es sind die „Nöte und Sehnsüchte der Kleinen Leute im Deutschland der 30er und 40er Jahre.“

Fünf Einakter bringt die „Volksoper“ auf die Bühne, die in einem tollen Finale miteinander agieren. Klassischer Gesang, zumindest klassisch ausgebildete Stimmen ganz toller Schauspieler, oder besser Sänger zu einer Musik mit Keyboard, Xylophon, Saxophon und zwei Akkordeons. Die Musik reicht von Mendelssohn-Bartholdy bis zu Pink Floyd.

Schaut es euch an, es sind außerordentlich tolle Aufführungen, Nachmittage oder Abende in der Saloppe, sieben Aufführungen sind noch vorgesehen.

Serkowitzer Volksoper – aktuelle Titelseite

Demnächst vielleicht etwas mehr, wenn ich mir das Buch DER HERR AUS GLAS vorgenommen habe. 

©️ Dresdner Bücherjunge (24.06.2024)

Goldammer, Frank: Tod auf der Elbe

Gleich komme ich auf Frank Goldammer und Gustav Heller zurück, doch bei Tod auf der Elbe fällt mir gleich mal ein anderer Autor ein Uwe Wittenfeld, ein Bochumer, ließ 2014 eine Frau vom Blauen Wunder auf einen nicht namentlich genannten, aber über 125 Jahre alten Raddampfer fallen. Mauerzwillinge heißt das Buch, den Autor lernte ich auf der Dresdner Schriftgut kennen. Das war im Jahr 2016. Ebenfalls auf der Schriftgut lernte ich zwei Jahre vorher diesen Frank Goldammer kennen, damals war von Max Heller, geschweige denn von dessen Großvater Gustav nichts in Sicht.
Nachdem Goldammer sieben Bände zu den Fällen des Max Heller herausbrachte und auch die (unvollständige?) Vorgeschichte erzählte, liegt vor uns ein noch weiter zurückführendes Buch: In Tod auf der Elbe explodiert der Kessel eines Elbedampfers und Kriminalrat Gustav Heller, Rittmeister und Pferdezüchter, befindet sich in der Nähe, der Dampfer strandet an der Pillnitzer Elbinsel. Allerdings schreiben wir das Jahr 1879.

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Baum, Beate: Erwarteter Todesfall (Kirsten-Bertram-9)

„Wem spielt der Tod des Rentners Manfred Haase in die Hände? Dem Jazzmusiker Janosch, der seinen Lebensunterhalt als Altenpfleger bestreitet, jedenfalls nicht. Journalistin Kirsten Bertram ist sicher, dass er zu unrecht unter Mordverdacht steht, und recherchiert bei Pflegediensten und der Verwandtschaft des Opfers. Vielleicht ist sie aber auch nicht objektiv: Während eines Interviews war sie dem Musiker näher gekommen als geplant.“

http://www.beatebaum.de/dresden-krimis/

Diese Zeilen finden wir auf der Webseite der Wahldresdnerin Beate Baum zu ihrem neuesten Kirsten-Bertram-Krimi, es ist bereits der neunte Fall, den sie gemeinsam mit ihrem Mann Andreas und ihrem amerikanischen Freund Dale lösen muss. Der Grund dafür ist für die inzwischen 50jährige investigative Journalistin ein sehr persönlicher und beziehungsgefährdender. Dale scheint diesmal nicht gleich die große Hilfe zu sein. Liegt das an seiner Beziehung zu Franziska, die Kriminalhauptkommissarin, die den Todesfall Haase bearbeitet? Die trat bereits in Fall 8, Dresden rechts außen, in das Geschehen ein.

Das ist schon verwickelt und wenn nicht der Kater der Franziska plötzlich zum Tierarzt gebracht werden müsste, dann hätten die Ermittlungen länger als 250 Seiten gedauert.

Es macht immer Freude mit Beate Baum oder Kirsten Baum durch Dresden zu radeln. Hier lernen wir diesmal etwas über Pflegedienste, das Thema wäre allerdings ausbaufähig gewesen. Andererseits ist es ja „nur“ der Fallaufhänger. 

Dann wäre ich noch gespannt, ob diese Pressesprecherin der Dresdner Polizeidirektion noch einmal auftaucht, denn deren Fall scheint noch ungeklärt. Nicht nur beamtenrechtlich…

Der Dank geht an Beate Baum, die mir das eBook nicht nur wegen einer solchen Besprechung zur Verfügung stellte. Wieder einmal zeigt sich, warum „Regionalkrimis“ sich überall im Land großer Beliebtheit erfreuen.

12. Dezember 2023: Beate Baum liest aus „Erwarteter Todesfall“
(Lesung mit Frank Goldammer und Francis Moor)

© Der Bücherjunge (NZ, 08.01.2024)

Leimert, Jochen: Lost & Dark Places DRESDEN

Über 33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte berichtet Jochen Leimert mit vielen Fotos in diesem Buch. Die meisten sind mir völlig unbekannt. So einige werde ich sicher mal mit der Fotoknipse besuchen. Zum Beispiel den Nordfriedhof mit dem Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges, oder das alte Kraftwerk im Liebetaler Grund. Viele diese Plätze sind Industriedenkmäler, das Betreten könnte schwierig sein. Auf „Betretensregeln“ weißt der Autor im Vorwort hin, nebst den Tipps für unerkanntes „unrechtmäßiges“ Fotoshooting.

Verblüffend: Unweit des Moritzburger Schlosses haben Arbeiter zu Zeiten August des Starken einen Tunnel durch einen Hügel getrieben. Da konnten die Aristokraten mit Kutschen durchrasen. Der Autor stellt die Frage, ob dies eine Geisterbahn war? 

Jedenfalls wurde das heutige Bodendenkmal auch für Szenen des Indianerfilms DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN genutzt. Die Bärenhöhle in die Black Hills wurde hier „eingerichtet“. Der Tunnel wurde auch für andere Filme genutzt.

Es gibt also einiges zu entdecken in nächsten Jahr…

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Ebert, Sabine: Der Silberbaum – Die siebente Tugend

Tausende Seiten hat Sabine Ebert den Landen gewidmet, die man heute Mitteldeutschland nennen kann. Tausende Seiten Meißen, Erzgebirge, aber auch Thüringen, Brandenburg, Schwaben. Mit literarischen Zügen nach Italien und bis ins Heilige Land. Hat sie sich in den ersten Büchern, in der Pentalogie über die Hebamme Marthe und dem Ritter Christian, mehr den einfacheren Leuten und der aufstrebenden Meißen der dortigen Markgrafen gewidmet, wendete sie ich in weiteren fünf Büchern, Schwert und Krone, den herrschenden Fürsten zu, allen voran dem Kaiser Friedrich Barbarossa, Heinrich dem Löwen, ohne die Wettiner an der Elbe aus dem Auge zu verlieren. Die Hebamme stellt dabei eine parallele Handlung zum fünften Band von Schwert und Krone dar. Insgesamt hat sie dabei ganz knapp einhundert Jahre umrissen.

Nun hat die Erfolgsautorin die Geschichte beider Reihen fortgesetzt, denn in Der Silberbaum – die siebte Tugend führt sie ihre Leserinnen und Leser ins 13. Jahrhundert und vor allem nach Meißen und Thüringen. Wir lernen dabei den Landgraf Ludwig kennen und seine Frau, die später heilig gesprochene Elisabeth von Ungarn. Wieder einmal macht Frau Ebert kein Hehl daraus, wenn ihr bestimmte Verhaltensweisen wie hier überfromme Selbstkasteiung überaus suspekt sind.

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Günther Ralf, Winterherz

Die Geschichte ist kurz erzählt. Wilhelm, ein vierzehnjähriger Junge aus Berlin, wird von der Kardiologie der Charité in ein Sanatorium im Osterzgebirge, nach Bad Gottleuba überwiesen. Da er öfter schlapp macht und blaue Lippen bekommt, vermutet man einen Herzfehler. Das Sanatorium ist so ein kardiologisches, und die Kinder, die dahin kommen, haben oft nicht mehr lange zu leben.

Wilhelm, den seine Mutter mit einem Wartburg-Taxi an diesen Ort bringt, was irre teuer und zu DDR-Zeiten genauso unüblich war wie heute, trifft dort auf Ilona, eine Lehrschwester. Mann ist, die „Knorke“, würde vielleicht der Berliner sagen, aber der Autor stammt ja aus Köln und ist Wahl-Sachse…

Dann kommen die anderen Jungs und wir erleben eine Jungsgeschichte, die Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen ansprechen wird. Mädchen gibt es keine, die kommen damals abwechselnd für jeweils sechs Wochen. Aber Wilhelm war ja der Erste, einige Wochen vor Weihnachten im Jahre 19.. , und diese Ilona scheint ihn zu mögen. Unter den Jungs gibt es den Büchernarren, den etwas älteren Edgar mit einem Bild seiner Verlobten auf dem Nachtschrank und jeder Junge hat natürlich einen anderen Tick, jeder ist auch anders schwer krank.

Natürlich legt sich die „Bande“ und vor allem Wilhelm mit der Oberschwester (Schwester Oberin? – Es gab zwar kirchliche Krankenhäuser, aber dieses war wohl keins?) und mit der Oberärztin an. Und Ilona muss das gelegentlich ausbaden…

Wie die Geschichte für nicht nur diese beiden ausgeht, das wird hier nicht verraten.

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