Romantik in Dresden – an einem dritten Oktober

Romantik wird in Dresden groß geschrieben. Und in diesem Jahr ganz besonders, denn vor 250 Jahren wurde Caspar David Friedrich geboren. CDF hatte dieses Jahr schon einen Post bei Litterae-Artesque, denn Florian Illies schrieb einen bezaubernden Roman über einen der bekanntesten Maler der Romantik. Im dreißigsten des Theaterkahns an der Elbe in Dresden, nahm sich Friedrich Wilhelm Junge der Romantik an und das an einem dritten Oktober. Zu diesem Datum aber später mehr.

Gemäldegalerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Foto: Klut

Caspar David Friedrich (Greifswald 1774 – 1840 Dresden)
Das Kreuz im Gebirge (Tetschener Altar). 1808
Öl auf Leinwand; 115 x 110 cm
Gemäldegalerie Neue Meister, Galerienummer: 2197 D

„Gott ist Natur – Natur ist Gott“ – Den Spruch des Baruch von Spinoza (1632 – 1677) stellt Junge voran, es sind nicht nur die Bilder des Malers, die in den Ansichten des Philosophen wiederzufinden sind. Das „Tetschener Kreuz“, für Aufruhr sorgend, seht in dieser Tradition. Ein Altarbild und der Jesus schaut nicht ins Angesicht der Gemeinde…

Es war ein bunter Mix aus Musik, Bildern und Texten, die das 86jährige schauspielernde Urgestein, dessen Name so eng mit dem Dresdner Brettl und dem Theaterkahn verbunden ist, an diesem Abend darbot. Das obige nächtliche Bild, welches Johann Christoph Clausen Dahl malte eröffnet den Reigen, der Mime erzählt von bekannten Namen. Neben Carl Gustav Carus, Carl Maria von Weber nennt er auch Ludwig Tieck. Und die Gebrüder Grimm. Dann ist da noch die Rede von Philipp Otto Runge die Rede, der sein plattdeutsches Märchen „Vom Fischer und sine Fru“ den Gebrüdern einst überließ. Junge liest dem unterm Wasserspiegel der Elbe sitzenden Publikum das Märchen vor. „Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje inne See ,myne Fru de Ilsebill will nich so, as ik wol will.“ – Was so alles zur Romantik gehört…

Es ist ein Abend der Texte, einen ziemlichen Teil nimmt eine Geschichte vom besagten Ludwig Tieck ein, der als Shakespeare – Übersetzer seinen Salon in Dresden zu füllen wusste (in meinen Reclambänden wird meist seine Tochter Dorothea genann) Es ist eine Geschichte über Elfen, die von den Bewohnern eines Ortes für Zigeuner gehalten werden. Die Beschreibungen der Landschaft und die Erlebnisse der kleinen Marie bei den Elfen im Tannenwald – das ist schon Romantik. Romantik mit tragischem Ausgang.

Es ging also nicht so sehr um diesen Caspar David Friedrich, der hat im Albertinum sein zu Hause und bis Januar kann man eine Sonderausstellung besuchen, für die aus zahlreichen Galerien Bilder ausgeliehen wurden. Es lohnt sich. Für diese oder jenen, denen die Malerei nicht so sehr geläufig ist, sei vorher noch einmal DER ZAUBER DER STILLE empfohlen. Es hilft und bald gehe ich mit diesem Wissen gewappnet noch einmal hin in die Galerie der Neuen Meister.


Nach den Elfen kündigt Junge eine „Fortsetzung“ an. Der Theaterkahn wird 30. Na das ist ein Grund für leckere Schnittchen und ein Glas Rotkäppchen. Thomas Stecher versucht sich als Interviewer, das „Alte“ aber hat ihm die Fragen wohl diktiert. Das macht aber nichts, denn dem Publikum werden nun in einer weiteren Stunde die Geheimnisse des Kahns präsentiert. Etwas mehr als die Hälfte ist dabei geblieben und amüsiert sich über Geschichte und Geschichtchen.

Und so kommt noch der dritte Oktober ins Spiel, dessen Datum vielleicht eher willkürlich gewählt wurde. Außerdem war es ein Mittwoch. Wichtig war wohl, der es keinen einundvierzigsten 7. Oktober geben sollte. Nun ja… Junge meint, dass der 9. November das bessere Datum gewesen wäre, trotz der Reichspogromnacht 1938. Auch spricht der Schauspieler über den Text der Hymne, die wir hören und meint, Brechts „Anmut sparet nicht noch Mühe“ – Die Kinderhymne (1950) – hätte ja einen besseren Text liefern können.

1. Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land.

2. Daß die Völker nicht erbleichen
Wie vor einer Räuberin
Sondern ihre Hände reichen
Uns wie andern Völkern hin.

3. Und nicht über und nicht unter
Andern Völkern wolln wir sein
Von der See bis zu den Alpen
Von der Oder bis zum Rhein.

4. Und weil wir dies Land verbessern
Lieben und beschirmen wir’s
Und das Liebste mag’s uns scheinen
So wie andern Völkern ihrs.

Ich stelle gerade fest, kann man auch auf die aktuelle Melodie singen. Und doch: Es ist freies Deutschland, ein demokratisches, eines, in dem die allermeisten Bürger besser leben als je zuvor, trotz Ungleichheiten, zu dessen Geschichte auch die Romantik in Musik, Literatur und Malerei gehört. Die Generation unserer Eltern, zu der in meinem Fall Friedrich Wilhelm Junge gehört, hat uns noch viel zu erzählen.
Ein schöner Abend.

KUNST im Theaterkahn – im folgenden Link gehts auch um den Theaterkahn.

Der Bücherjunge

NZ, 04.10.2024

Kästner in der Volksoper

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn? Das von J.W.v.G.? – Irgendwie weit vor Kästner. Der allerdings schrieb, ohne übermäßigen Goethe-Bezug das Gedicht Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn? Wenn dann ein Stück Kennst du das Land, wo die Optionen blühn? heißt, dann hat es im 125sten Jahr der Geburt von Erich Kästner wohl was mit diesem zu tun. Momentan gibt die Serkowitzer Volksoper in der Zirkuswagen-Bühne in der SALOPPE genau dieses Stück.

Erich Kästner, geboren in Dresden gab die Vorlagen in DER HERR AUS GLAS. Es sind die „Nöte und Sehnsüchte der Kleinen Leute im Deutschland der 30er und 40er Jahre.“

Fünf Einakter bringt die „Volksoper“ auf die Bühne, die in einem tollen Finale miteinander agieren. Klassischer Gesang, zumindest klassisch ausgebildete Stimmen ganz toller Schauspieler, oder besser Sänger zu einer Musik mit Keyboard, Xylophon, Saxophon und zwei Akkordeons. Die Musik reicht von Mendelssohn-Bartholdy bis zu Pink Floyd.

Schaut es euch an, es sind außerordentlich tolle Aufführungen, Nachmittage oder Abende in der Saloppe, sieben Aufführungen sind noch vorgesehen.

Serkowitzer Volksoper – aktuelle Titelseite

Demnächst vielleicht etwas mehr, wenn ich mir das Buch DER HERR AUS GLAS vorgenommen habe. 

©️ Dresdner Bücherjunge (24.06.2024)

Schildbach, Matthias: Burgen, Kriege, Grenzgeschichten

„Autor, Selbstverleger, gelernter Buchhändler. Passionierter Spurensucher – Heimatverbunden, Familienmensch – Kleckern, statt meckern 👌“ So steht es im Insta-Profil des Matthias Schildbach, dem ich am 10. September 23 auf Schloss Albrechtsberg begegnete. Ja, richtig, auf der feinen Buchmesse Dresden (er)lesen. Auf dem Tisch ein Modell eines alten Bombers und ein Buch mit dem Titel DIE LETZTE MISSION. Natürlich kamen wir ins Gespräch, die Recherche zum Schicksal in und bei Sachsen abgestürzten amerikanischen Bomberpiloten im April 1945 macht mich neugierig. Der Autor erzählte mir, dass dazu im nächsten Jahr eine neues Buch herauskäme, wofür ich mich, mich als Literaturblogger erkennbar gebend, gleich mal bewarb.
Ich wollte es klein angehen, die Geschichten um die zuletzt in Sachsen mit dem Schwert enthauptete Kindsmörderin Rehn, begeisterte mich nicht so sehr. Obwohl, wenn ich jetzt daüber im Internet lese, dann ist auch das ein sehr interessanter Stoff. Aber dieses schmale Heft hier mit Heimatgeschichten aus dem Landkreis Sächsische Schweiz – Osterzgebirge, reizte mich, ergänzt die schmale Broschüre doch hervorragend meine laufenden Dresdener Regalmeter.

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Meine Katzen. Von Erich Kästner

Da sitzt sie, die Mimi, eine Dresdner Katze, neben einem Katzenbuch. Nein, nein, nicht eines von diesem Katzenkrimischreiber A.P. sondern eines, zu dem gerade eine Dresdner Katze passt

Eigentlich interessieren mich Katzenbücher gar nicht. Doch hier es geht um die Katzen von Erich Kästner. Obwohl der Dichter erst zum Katzenhalter wurde, als er gar nicht mehr in Dresden lebte. 

Bei Kästner gab es da den Kater Maximilian, Mäcki genannt, den er auch gezeichnet hat. Dann gab es, benannt nach einem schwarzhaarigen Stummfilmstar Pola Negri (!), die Katze Pola, deren eines Junge erst Oskar von Mendel und später nur noch Butschi gerufen wurde nach einer Comic Figur. Später hatte er eine mollige Katze, die nach Gina Lollobrigida nur Lollo genannt wurde. Auch die hatte Nachkommen, unter anderen eine Anastasia: Anna gerufen. Diese Katze soll Erich besonders geliebt haben. Das Katzenquartett hat Silvia List im Vorwort zu MEINE KATZEN vorgestellt.

Diese vier hat Kästner immer wieder erwähnt, in Briefen, kurzen Gedichten und in Erzählungen, in die er sie einmontierte. Zum Beispiel in kurzen Nachrichten oder Briefen wenn er erwähnt,

  • „Die Katzen, außer Lollo, haben aufgewärmtes Tatar gefressen,
  • Butschi terrassiert noch, die anderen drei sind inwändig“

Die Lebensgefährtin und Biografin Luiselotte Enderle (man beachte den Vornamen) hat einen ganzen Kasten solcher „Katzennotizen“ aufgerufen.

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Tellkamp, Uwe: Die Carus – Sachen

Die Carus – Sachen. Neulich stieß ich wieder mal auf Uwe Tellkamp. Es ist ein Weilchen her, da ich den dicken TURM in den Händen hatte. Damals schrieb ich sinngemäß begeistert von der Art und Weise des Schreibens dieses Dresdner Autoren und regte mich gleichzeitig darüber auf, dass Tellkamp in seiner Dresden-Beschreibung so manches Fiktives dar und neben Faktisches stellte. Der Suhrkamp / Inselverlag beschreibt das Buch als „eine Rückkehr in die Welt des Turms“.

Das Buch. Der Roman ist auch die Geschichte einer Arzt-Familie, der Vater ist Oberarzt an der Medizinischen Akademie Carl Gustav Carus und der Name dieses Gelehrten kommt nicht von ungefähr. Nun schickt Tellkamp, selbst Arzt, ein kleines Büchlein hinterher, welches diesem Carus gewidmet ist.

„Ich gehe wieder zu Carus, sagte Vater, bevor er morgens die Wohnung verließ, und musterte im Spiegel das streng geteilte Haar… Hebammentasche mit Stethoskop, Arzneiampullen, Prüfchargen für toxikologische Prüfreihen, Luer-Spritzen, Ampullensägen in den Gummislaschen, Fingerhut und Meerzwiebel-Extrakt friedlich neben Schnittenpaket, Kaffeeflasche und zwei gebügelten Stofftaschentüchern: Jetzt gehe ich wieder zu Carus, Fabian, sagte Vater feierlich, doch zurückhaltend, mache mich auf den Weg zum großen Forscher und Künstler, der aus Leipzig stammt und nach Dresden gegangen ist.“ 

(Seite 25)

So beginnt Tellkamp den fünfzigseitigen, nicht illustrierten Text, wohl aber mitten in einem umfangreich illustrierten Buch des Insel-Verlages.

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Kurt Arnold Findeisen und der Goldene Reiter

Kurt Arnold Findeisen wurde 1883 in Zwickau geboren und starb 1963 in Dresden. Der Schriftsteller verfasste hauptsächlich volkstümliche Romane, die seine Verbundenheit mit Sachsen und Dresden zeigen, außerdem zahlreiche Gedichtbände. Rudolf Mauersberger, ehemalige Kantor des Dresdner Kreuzchores hat Texte für den Weihnachtszyklus der Kruzianer vertont. Findeisen war ein Vielschreiber, dessen Archiv und seine Volkskunstsammlung wurde während der Luftangriffe auf Dresden vernichtet.

Uns viel vor allem sein Roman Der goldenen Reiter und sein Verhängnis einst auf. Diese stand oft mehrfach im Bücherschrank, um ihn gelegentlich verschenken zu können. In diesem lernen wir die „Goldfasanen“ des Königs (August des Starken) kennen. Liest man den Roman, dann geht man anders durch den Dresdner Zwinger den Pöppelmann erbaute und auch das Grüne Gewölbe sieht man anders, kennt man die Entstehungsgeschichte der Werke Dinglingers. Ein äußerst interessanter Roman ist Flügel der Morgenröte, in diesem lernen wir allerlei wichtiger historischer Personen kennen, beginnend bei dem Arzt Carl Gustav Carus, dem Ingenieur Andreas Schubert, dem Maler Caspar David Friedrich, Carl Maria von Weber und andere kennen.

Beeindruckend ist die Sprache, der er sich bediente, eine bildgewaltige Beschreibung seiner Dinge, das ist man heute gar nicht mehr gewohnt.

„Die Heimat ist das Herz der Welt!“

Die bisherigen Buchbesprungen findet ihr in der folgenden Liste:

© Bücherjunge (NZ, 18.04.2023)

Mohr, Francis: Hotel A_toria

Ein Dresdner Autor: Francis Mohr. Ein Dresdner Hotel: Das Astoria. Dachte ich. Aber Mohr ist ja Leipziger und während das Astoria am Strehlener Platz durch einen Lidl ersetzt wurde, steht das A_TORIA links neben Leipzigs Hauptbahnhof immer noch. Es war und ist ein Wahrzeichen von Leipzig. Schön sieht er nicht aus, dieser 1915 eröffnete, bis 1996 in Betrieb befindliche riesige Bau. Seit dem siecht das Hotel dahin. Davon erzählt die Titelgeschichte in der Mitte des Büchleins.

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Mohr, Francis: Der Alligator

Als am 22. Mai 2020 im Moskauer Zoo der vermutlich 84 Jahre alte Mississippi-Alligator Saturn starb, überschlugen sich die Meldungen. Am meisten taucht, so man nach dem Alligator googelt, in diesem Zusammenhang A. Hitler auf, dessen Alligator er gewesen sein soll. 

Doch spielt es eigentlich gar keine Rolle, ob der Diktator einen persönlichen Alligator besaß, vielmehr ist an dieser Geschichte interessant, dass sich das Tier nach einem Bombenangriff 1943 auf Berlin retten konnte. Im Jahre 1946 sollen ihn britische Soldaten eingefangen haben, er hatte in den Berliner Gewässern überlebt. Die Briten übergaben ihn an die Rote Armee. So kam er in den Moskauer Zoo. Aber nicht einmal das ist gesichert, die Pressemeldungen (SternTagesspiegelWelt)

Aus dieser Geschichte hat Francis Mohr ein Buch gemacht, welches von Peter Busch illustriert wurde und wenn Mohr diese Geschichte „bewirbt“ liest er daraus vor, zum Beispiel hier, oder er verbindet das mit Musik…

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Walcha, Otto: Die steinerne Glocke

Eine Erzählung über einen Baumeister 

Bis 1994 kannte ich natürlich nur einen Schuttberg. Dann wurde daraus eine Baustelle. In langestreckten Regalen wurden die Sandsteine sortiert. Noch waren die Dresdner gespalten: Soll man sie wieder aufbauen oder nicht? Auch mir ging es so, kannte ich doch kein anderes Bild. Meine Großmutter, die damals noch lebte, war natürlich für den Aufbau. Sie kannte das alte Dresden ja noch.

* * *

Vor noch nicht allzu langer Zeit erstand ich eine neue Frauenkirchenuhr. Da fiel mir ein kleines Büchlein auf:  DIE STEINERNE GLOCKE von Otto Walcha.

Die Geschichte des Ratszimmermeisters George BÄHR, dem Erbauer dieser protestantischen Kirche in einer protestantischen Stadt, in einem protestantischem Land, dessen Kurfürst sich dem Katholizismus zugewandt hatte, nur um König von Polen zu werden. Aber der Starke August ist ja nicht unser Thema, das Thema ist ein Junge aus dem Dorf Fürstenwalde im Osterzgebirge, der als Zimmerer nach Dresden kommt und dort das Wahrzeichen bauen wird, welches die Dresdner ihre Steinerne Glocke nennen.

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