Schlagwort-Archive: Geschichte

Goldammer, Frank: Juni 53

Max Heller und ein Mord: Politisch oder nicht?

Der Sommer 1953 blieb den Menschen in Deutschland auf unterschiedliche Art und Weise in Erinnerung. Vor allem in der DDR, denn dieser Sommer hat ein historisches Datum aufzuweisen: der 17. Juni ist der Tag des Volksaufstandes. Im Land brodelt es, auch in Dresden gehen Arbeiter auf die Straße.

Der den Leser von Frank Goldammer bekannte Kriminaloberkommissar Max Heller steht am Morgen des 18. Juni in der Küche und bittet seine Frau an diesem Tag nicht zur Arbeit zu gehen, die Ziehtochter Anni soll auch nicht die Schule besuchen:

„Ja, er hatte sie gesehen. Die wütenden Männer. Beim Sachsenwerk. Karin arbeitete dort in der Buchhaltung. Zuerst Waren es ein paar Hundert gewesen, dann ein paar Tausend, dann waren sie zu den ABUS-Werken gezogen. Schließlich sollten es nach Schätzungen der Polizei zwanzig-, dreißigtausend gewesen sein, und auf ihrem Zug durch die Stadt hatten sich ihnen immer mehr angeschlossen. Es war friedlich geblieben, bis auf ein paar Handgreiflichkeiten.Doch Karin wusste nicht alles. Er war erst spät in der Nacht heimgekommen, da hatte sie schon geschlafen.»In Leipzig waren hunderttausend auf der Straße. Sie haben das Volkspolizeikreisamt und das Funkhaus angegriffen, FDJler verprügelt. Es hat Tote gegeben. In Halle und Magdeburg waren es an die fünfzigtausend. Es gab viele Tote, auch Polizisten hat es getroffen. In Berlin sowieso, es gab Straßenschlachten, angeblich sogar MG-Feuer.« Heller fuhr sich nervös durchs Haar. »Karin, das ist kein Jux, glaub mir. Hier blieb es nur ruhig, weil die Sowjets gleich mit Panzern und die KVP unter schwerer Bewaffnung ausgerückt sind. Und wir wissen noch nicht, ob es Tote gab. Überall wird zum Generalstreik aufgerufen.«»Ich weiß doch, dass das kein Spaß ist, Max.« Karin verschränkte trotzig die Arme und lehnte sich an die Anrichte. Seine Worte hatten die Wirkung auf sie nicht verfehlt. DochHeller kannte seine Frau, so schnell gab sie sich nicht geschlagen.»Wenn ich nicht zur Arbeit gehe, dann streike ich ja mit. Und Anni? Was denkt ihre Lehrerin?«»Du weißt, das ist nicht dasselbe«, mahnte Heller. Noch immer hingen ihm die Bilder des Vortages nach. Diese Menschenmasse. Und so viel Hass und Wut, die entweichen wollten. Die Leute waren zu allem bereit.»Sie wollen doch nur ein besseres Leben«, sagte Karin“. 

Juni 53 – Seite 6

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Goldammer, Frank: Roter Rabe

Vierzehn Tage ohne Karin Heller

Zum vierten Mal ermittelt Max Heller im Nachkriegs-Dresden. Es ist das Jahr 1951. Der Kalte Krieg entwickelt sich. Im Erzgebirge wird Uranerz abgebaut. Die Welt hat Angst vor der Atombombe. Eine Reihe von Morden beschäftigt den Kriminalisten und seine beiden Mitarbeiter. Doch die Geheimdienste, der sowjetische sowie das MfS, blockieren die Ermittlungen. Außerdem gibt es Gerüchte über einen amerikanischen Agenten, den „Amerikaner“, den die Russen „Roter Rabe“ nennen. Mit der Zeit entsteht der Eindruck, dass damit auch ein Überläufer gemeint sein könnte. Oder gar ein Doppelagent?

Soeben kommt Heller mit Frau Karin und Ziehtochter Annie vom Ostseeurlaub zurück, den er für seine Arbeit erhalten hat. Gleich anschließend darf Karin zu Erwin, ihrem jüngsten Sohn in den Westen fahren. (Das sollte 1951 an sich kein Problem gewesen sein, die Grenzen offen – aber als Frau eines Kriminalpolizisten brauchte sie vermutlich die Genehmigung). Vierzehn Tage soll sie fahren. In diese zwei Wochen fallen diese Ermittlungen.

Sie sind alles andere als einfach. Nicht nur wegen der Geheimdienste, auch Hellers Chef versucht den Ermittler immer wieder aufzuhalten. Sein Mitarbeiter Werner Oldenbusch wird eines Tages zur Vernehmung geholt…

Der Roman ist wirklich spannend aber äußerst undurchsichtig. Die Morde lassen kaum Zusammenhänge erkennen. Da sterben einige Zeugen Jehovas, zwei Ingenieure nach einem Anschlag auf das Kraftwerk Mitte in Dresden, ein Häftling in Bautzen…

Da ist Alexej Saizev, den Lesern bereits bekannt seit der Angstmann den Dresdnern Sorgen bereitete. Alexej vom sowjetischen Geheimdienst, ist ein junger Mann von 25 Jahren, Max und er hegen füreinander Respekt, seit Max dem damals jungen hassenden Kommissar im Jahr 1945 offen und unnachgiebig gegenüber trat. Hat Saizev, inzwischen drogen- und alkoholabhängig, was mit der Suche nach dem „Amerikaner“ zu tun? Wer ist die junge Frau in seiner Wohnung, die meint, sie würde ein „richtiges Leben“ führen? Immer wieder läuft ihm der Russe über den Weg bis zum Schluss…
Wir fühlen das Ende nicht nur wegen abnehmender Seitenzahlen kommen und sind doch überrascht, wenn Max Heller und die Leser den roten Raben kennen lernen. Eine Figur, die man sich so kaum vorstellen kann.

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Dresdner Geschichten 10


Fähre bei Loschwitz / Blasewitz

Es sind besondere Bücher, nicht wegen der Machart, wenn auch die äußere Form und der Druck durchaus ansprechend sind. Eine besondere Lexikon-Reihe über Dresden. Ein Buch zum Schmökern. Eines, welches man nicht durchlesen muss. Es ist ja ein Geschichtenbuch, ein Geschichtsbuch. Es muss in jedes Dresden – Regal. Achtzehn Bände sind vom Stadtmuseum Dresden herausgebracht wurden. Es geht um Archäologie, Persönlichkeiten, Kunstgeschichte, Wirtschaftsgeschichte und, sehr interessant für „alte“ Dresdner: Stadtteilgeschichte. In diesem Buch hier ist Kleinzschachwitz dran.  Das Buch beinhaltet Beiträge über das jüdische Leben in Dresden, das Pferd in der Dresdner Stadtgeschichte und die Herkuleskeule

Ein sehr informativer Artikel ist der über die Fähren, die im Raum Dresden die Elbe queren. Selbst 1930 noch fuhren kleine Fähren unter Segeln: Als ich die Bilder sah, dachte ich schon, die Fotografie währe 100 Jahre eher erfunden wurden. Fünfzehn Fährstellen waren es zwischen Neustadt-Johannstadt und Niederwartha- Kötzschenbroda/Naundorf. Die älteste wurde 1337 (!) erwähnt. Deren Fährbetrieb – Obergohlis (Windmühle)- Kleinkaditz/Serkowitz – lief bis in das Jahr 2000, die Fährschiffe dürften sich im Laufe von achteinhalb Jahrhunderten etwas geändert haben.

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Dresdner Geschichten 9


Eine besondere Lexikon-Reihe über Dresden. Ein Buch zum Schmökern. Eines, welches man nicht durchlesen muss. Es ist ja ein Geschichtenbuch, ein Geschichtsbuch. Es muss in jedes Dresden – Regal. Es geht um Archäologie, Persönlichkeiten, Kunstgeschichte, Wirtschaftsgeschichte und, sehr interessant für „alte“ Dresdner: Stadtteilgeschichte. In diesem Buch hier ist Dölzschen dran.  Dresdner Polizeigeschichte ist Inhalt deses Bandes. Vorgestellt wird Oberbürgermeister Walter Weidauer, der das Buch INFERNO DRESDEN geschrieben hat. Was wäre Dresden ohne seine Galerien, die der Alten und die der Neuen Meister? Speisen und Getränke auf den Dresdner Volksfesten: Nicht nur im 18. und 19. Jahrhundert etwas besonderes – Kräppelchen, Brühgurken…

Achtzehn Stück sind herausgegeben wurden, dies ist nun der neunte Band.

 

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Findeisen, K.A.: Der Goldene Reiter und sein Verhängnis

Es war das ultimative Geschenkbuch für Freunde und Kollegen, die Dresden besuchten. Einige Zeit lang hatte ich immer ein Extra-Exemplar im Regal. Vor mir liegt ein historischer Roman in ausdrucksstarkem Deutsch, so wie vor Jahrzehnten noch geschrieben wurde. Ehrlich, man liest ganz anders. Kurt Arnold Findeisen schrieb 1954 den historischen Roman DER GOLDENE REITER UND SEIN VERHÄNGNIS.

Vor uns liegt eine „Romanchronik aus den Tagen des Barock“.
In einem „Vorwort“ erzählt der Bildhauer Christoph Rüger im Jahr 1790 von seinem Vater Moritz, der als königlicher Bibliothekarius zu Zeiten August des Starken in Dresden lebte. Wir lernen dieses Dresden im Haus des Johann Melchior Dinglinger kennen, dem Goldschmiedemeister, der aus Schwaben an den kurfürstlich-sächsischen und zeitweise königlich-polnischen Hof kam. Dinglinger ist einer Goldfasanen des Königs. Zu diesen werden ebenso der Bildhauer Balthasar Permoser, der Baumeister Matthäus Daniel Pöppelmann und ein gewisser Johann Friedrich Böttger. Letzterer war Alchimist und hat mit Freiherr Ehrenfried Walther von Tschirnhaus das Meißner Porzellan erfunden, davon habe ich hier bereits einmal geschrieben.

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Böttger über Tschirnhaus & Böttger

 

Bücher von Hans Joachim Böttger

Zwei in einer Rezension. Denn so wurden sie mir vorgestellt. Vom Autoren persönlich, auf der SCHRIFTGUT in Dresden. Hans-Joachim Böttcher schreibt über „spezielle historische Themen des mitteldeutschen Raumes“. [1] Angetan haben es ihm dem 1947 geborenen Denkmalpfleger und Heimatforscher die Sachsen. Im Dresdner Buchverlag fand er wohl seine Heimat und genau an dessen Stand lernte ich ihn bereits 2014 auf der Dresdner Schriftgut kennen.

Damals hatte ich schon „zu viele“Bücher im Sack, aber letztes Jahr war noch ein wenig Platz übrig. Während der Messe im November 2015 konnten wir plaudern über Sachsen, Dresden und eben über die beiden hier nun vorzustellenden Bücher.

Böttcher hat schon über Christiane Eberhardine geschrieben und über Anna, Prinzessin von Sachsen, diesmal aber sind gleich zwei andere dran. Da wäre zum erstenmal der „Namensvetter“ Johann Friedrich Böttger, und der mit diesem untrennbar verbundene Ehrenfried Walther von Tschirnhaus. Tritt man dem Mann im Anzug gegenüber wird man gefangen in einer Welt sächsischer und Dresdner Geschichte und in diese will ich unsere Leser nun kurz entführen.

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Wahre Geschichten um den Zug der Fürsten

Der Fürstenzug zu Dresden (pixabay)

Aus der Zeit der Wettiner

„Ein in großes Bilderbuch sächsischer Geschichte – so bezeichnet Dieter Nadolski dies Mosaik aus Meißner Kacheln. Meißen? Ja, die sind aus Porzellan. Dann steht man davor, liest unter den Figuren der Wettiner ihre Namen und die Daten ihre Herrschaft und braucht in den meisten Fällen wohl irgendein Nachschlagewerk, will man es genauer wissen. Da hilft dieses Büchlein schon weiter.  Man kann natürlich auch Wikipedia bemühen. aber hier finden wir auch im Buch aller Herrscher in der Reihe. Mit wem geht es los? Die ersten in der Reihe sind Konrad der Große (1127–1156),  Otto der Reiche (1156–1190) und Albrecht der Stolze (1190–1195), Dietrich der Bedrängte (1195–1221): Großvater, Sohn und zwei Enkel. Voll drin sind wir damit in der sächsischen Geschichte und die Zeit, die die drei repräsentieren ist uns durch Sabine Eberts Bücher bestens bekannt. Die anderen beiden sind die letzten auf dem Zug der Fürsten: Albert (1873–1902) und Georg, hier noch als Prinz dargestellt (1902–1904) – Könige von Sachsen. Da fehlt immer noch einer, der letzte Sachensenkönig, aber  der war noch nicht im Amt als der erste Zug auf die leere Wand am Stallhof gemalt wurde. Friedrich August III., König von Sachsen; (1904–1918) wollte wohl nicht oder wurde vergessen?

 

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Dresden und der Kölner Dom

Ein Dresdner Autor offenbart die Geheimnisse des Kölner Doms.

R, Günters Dom-Geheimnisse

Vor einiger Zeit schickte emons: ein Buch zu mir mit besten Grüßen von Ralf Günther. Was der Kölner und Dresdner schriftstellerisch so treibt, verfolge ich schon längerer Zeit, Köln und ihr Wahrzeichen, der Dom, war bisher nicht dabei.

Doch war Köln die erste westdeutsche Stadt am Rhein, die ich nach 1989 besser kennen lernte. Sechs Wochen verbrachte ich Anfang 1991 beruflich in der Stadt. Da war ein Besuch des Doms natürlich zwingend geboten. Ein gewaltiger Bau – die größte Kirche Deutschlands 

Während ich diese Zeilen schreibe, läuft ein Beitrag des WDR auf YouTube. Diese Kathedrale ist Schauplatz nicht nur christlicher Lithurgie, man lies sogar die Computerspielemesse “gamescom“ in den Bau. Laserimaginationen, Musik… 

„Wem gehört der Dom? – Der Dom gehört sich selbst.“ Spricht der Dombaumeister in diesem Beitrag.

Was macht diesen Dom so spektakulär? Da wäre schon mal die Bauzeit. Sechshundert Jahre. Von einer ersten Basilika über die ersten Anfänge des Neubaus, bis man im 19. Jahrhundert tatsächlich noch einmal eine gotische Kathedrale in den Himmel zog. Die gotische Baukunst: Das war doch Vergangenheit?

Ralf Günther geht der Frage nach, ob denn da viel mehr Raum für anderes und nicht nur die christliche Lehre sei. Er sei ein magischer Ort, voller heidnischer Geister und Dämonen. Der im Mittelalter neben dem christlichen Glauben noch verbreitete Glauben an solche ist in gotischen Kathedralen schnell sichtbar, zum Beispiel durch die Wasserspeier an der Fassade. 

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Goldammer, Frank: Zwei fremde Leben

 

Dreißig Jahre ist es nun her, dass Deutschland wieder zueinander gefügt wurde. Zumeist zum Guten für seine Bürgerinnen und Bürger, von den allermeisten zur Kenntnis genommen, von vielen erfreut begrüßt, von manchen gefürchtet: Niemandem sollte es schlechter gehen, „blühende Landschaften“ verhieß der Bundeskanzler und ja, schauen wir uns doch einmal um, das lässt sich bestätigen. Für jeden?

Frank Goldammer bewegt sich seit einigen Jahren in die Geschichte des Landes(teils), in dem er geboren wurde, er hat den Buchhelden seiner Heimatstadt gefunden in Max Heller, dem Kriminalisten der ersten fünfzehn Jahre der DDR. Fünf Bücher sind es bereits und bald erscheint der sechste Roman.

In der Mitte dieses Jahres verlässt Goldammer erst einmal die fünfziger Jahre, um sich einem ernsten Thema zu widmen, welches in einem Roman zu kleiden nicht das Einfachste ist. Ein Thema, das im dreißigsten Jahr des Mauerfalls schon passt.

 

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