Goldammer, Frank: KDD – Die Verbrechen der Anderen

Nahtlose Fortsetzung der Geschichte aus dem Roman KDD (Team Ost-West) – im Schatten der Wende. Inzwischen hat sich das Team verkleinert, denn die Hauptkommissarin aus der Bundesrepublik, Sybille Suderberg, ist inzwischen vom Dienst suspendiert, gar zu unorthodox waren ihre Ermittlungsmethoden. Allerdings taucht sie wieder in Dresden auf und stört weiter die Kreise des Trios, welches aus Htm Edgar SchmidtLtn Stefanie Bach und Ltn Tobias Falck besteht – die drei gehören zum Kriminaldauerdienst.

Es ist kalt, denn es ist Februar im Jahr 1990. Die deutsche Einheit muss erst noch beschlossen, die gemeinsame Währung muss noch eingeführt werden. Mit was beschäftigt sich so eine Schicht? Das Kriminalitätsgeschehen ändert sich rapide, hier kann ein Romanautor natürlich was draus machen, und Frank Goldammer schafft das auch. Im ersten Moment könnte man denken, dass er zweiunddreißig Jahre später genau das bedient, was besonders reißerisch und gleichzeitig in aller Munde war: Es geht nämlich um Kunstraub aus der Gemäldegalerie Alte Meister und zusätzlich um einen „Mauertoten“.

Eine Restauratorin meldet die Feststellung einer Fälschung, die Mutter eines ehemaligen Grenzsoldaten, der vor einigen Jahren die Schusswaffe mit tödlichem Ergebnis angewendet hat, dessen Verschwinden.

Es ist erst wenige Wochen her, seit dem die DDR-Bürger eine Person namens Alexander Schalck-Golodkowski und seiner Firma Kommerzielle Koordinierung, kurz, KoKo, gehört haben. Die Firma gehörte zur „Firma“ also zur Staatssicherheit und beschaffte vor allem Devisen. Falck denkt zwar, dass die jetzt eher mit der „Aktenbewältigung“ zu tun haben, aber die Umstände und die plötzlich auftauchenden Personen, teilweise nach ihrem Ableben, lassen solches dann doch vermuten.

Die Fahndung nach dem Ex-Grenzsoldaten gestaltet sich vorerst ähnlich schwierig.

Typisch Goldammersche Verwicklungen, vermehrte Richtungswechsel, nicht nur beim polizeilichem Gegenüber, auch im Team, denn welche Rolle spielt denn da der Htm und die Privatermittlerin Sybille? Die hat doch im Februar bestimmt keine Arbeitserlaubnis?Und kommen sich da der Tobias und die Steffi näher? Tobias zwischen gleich drei Frauen. Er ist die Hauptfigur und zeigt zunehmend kriminalistisch-logisches Denkvermögen, wenn er auch sonst ein wenig naiv erscheint.

Am Ende ist alles anders, als man denkt…

* * *

Irgendwann nach einigen Seiten fiel mir der erste gemeinsame deutsch-deutsche Tatort ein. Schimanski und Tanner gemeinsam mit Fuchs und Grawe gegen einen Ex-Stasi-Oberst, es ging um Kunstraub und Hehlerei. Der Tatort wurde drei Tage nach dem 3. Oktober 1990 aufgeführt. Und so ähnlich kam mir am Anfang die Geschichte Frank Goldammers vor.

Kurioser Höhepunkt ist die Fahrt Falcks und Bachs mit dem „Dienst-Trabi“ (??) nach Köln auf eigene, bewaffnete Faust. Sie kommen mitten im Karneval an und Steffi wird für für ihre Ver(Be)kleidung und den angeblich imitierten Dresdner Dialekt beglückwünscht; im Tatort überreichten die Ossis den Wessis am Ende Orden und Ehrenzeichen.

Spätestens ab der Hälfte las ich schneller, kam ähnlich durcheinander wie die Protagonisten, ob der Verwicklungen und unstimmigen Aussagen der Restauratorin, eines oder zweier Fälscher, einem Ex-Stasi-Mitarbeiter und ein paar anderen. Ständig fehlt einer und dann wird auch noch die Mutter von Falcks Tochter belästigt und die Steffi Bach ebenso.

Ein DDR-Kaleidoskop mit vielen Erinnerungen, kreuz und quer durch die Heimatstadt des Autors Ud des Bloggers… Es mutet an wie ein schon historischer Roman, aber dafür ist der Autor zu jung bzw. fand das alles zu unseren Lebzeiten statt. 

Mal sehen, was Frank Goldammer zukünftig daraus macht.

(Komisch, schon wieder ein Roman in dem ein Flüchtiger in die Böhmischen Straße und weiter in Richtung Martin-Luther-Platz rennt.)

© Bücherjunge (NZ, 26.04.2023)

2 Gedanken zu „Goldammer, Frank: KDD – Die Verbrechen der Anderen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert