Das ist schon eine gewisse Zuneigung, eine Art freundschaftliche Verbindung. Wir haben es zwar noch nie geschafft, mal ein Bier oder einen Kaffee gemeinsam zu trinken, trafen uns aber auf diversen Buchmessen, angefangen bei der damaligen Dresdner Schriftgut. im Jahr 2015 war das.
Ich fragte mich so manches Mal, wieso ich auf Frank Goldammers Bücher so abfuhr, entsprechen sie doch, besser entsprachen sie doch überhaupt nicht immer meinen Lesegewohnheiten. Das letzte Mal ging mir das so bei BRUCH – ein dunkler Ort.
Erinnern wir uns, die Kriminalhauptkommissare Felix Bruch und Nicole Schauer ermitteln wegen zweier zeitweise vermisster Mädchen. Dieser Bruch ist der Gipfel aller Ermittler mit einem Knacks, Nicole passt aber zu ihm. Und ohne sie…
Der Fall um die Mädchen wurde im Band 1 abgeschlossen, die Ursache für das Verhalten des seltsamen KHK, der eigentlich in eine Nervenheilanstalt gehört, musste zwangsläufig in einen weiteren Band verschoben werden. Und wieder erleben die beiden eisige Nächte, kommen der Ursache näher und was ist jetzt? Jetzt braucht es einen dritten Band. Nur wegen des letzten Satzes, der letzten Frage, die Nicol an Felix richtet. Nein nicht nur, denn warum dieser Felix Bruch seltsame Medikamente einwirft, wird auch im blauen Band (noch) nicht ganz geklärt…
Um was gehts? Simon ist tot. Der Chef des ungleichen Ermittlungspärchens in der Dresdner Kriminalpolizei. Ermordet in seinem Dienstzimmer auf der Schießgasse. Keiner hat was gesehen. Sind die Videos für den Objektschutz manipuliert wurden? Dann finden sie eine junge Frau namens Jasmin bei einem angeschossenen Mann…
Klar, wenn der Chef einer MUK ermordet wird, ermitteln die Mitarbeiter nicht mehr selbst und die Leute von LKA und BKA sind, wie immer, überhebliche Mistkerle. Allerdings haben sie es auch schwer mit so einer wie der Nicole, die von besagtem Simon auf einen Anti-Aggressionskurs befohlen wurde. Warum? Lesen…
Jasmin wird der Dreh- und Angelpunkt einer undurchsichtigen, äußerst dunklen, Geschichte in der Felix Bruchs Kindheit auftaucht. Nicole ermittelt allein weiter, informiert von einer Journalistin…
Frank Goldammer hat es mit „dunklen Orten in eisigen Nächten“. Gleich mehrere Lost Places spielen eine Rolle. Heruntergekommenen Häuser, Jahrzehnte nicht bewohnt, finstere Gärten und der Tod von Jasmins Vater… Düsterer geht es kaum noch. Doch schreibt Goldammer keinen Horror…
Das Buch hätte ich zeitweise in eine Ecke hauen wollen, nur um noch intensiver weiterzulesen. Dunkle Schatten, Satanskult, ständig hatte ich vor Augen wie Renly Baratheon durch die Hexerei der roten Frau ums Leben kommt, wobei ich bezweifle, dass sich Goldammer auch nur eine Folge von Game of Thrones angesehen hat.
Dunkle und düstere Geschichten hat er schon früher geschrieben. Geht das jetzt weiter? Förmlich lichtet sich diese Geschichte… Sein Credo schreibt er in die intensive Diskussion, in der eine Psychologin der Nicole Schauer ihre Sicht auf Jasmin darlegt. Die Sechzehnjährige scheint wirklich gefährlich zu sein, beweist das eindringlich und doch ist sie ein Opfer. Übrigens lesen wir zu Beginn, dass der Fall auf einer wahren Begebenheit beruhe.
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Ach ja, die Ermittler und ihre Methoden. Von einer „noch gesicherten“ Polizeipistole bis zu den Vernehmungsmethoden gegenüber einer Teenagerin des ebenfalls ums Leben gekommenen Ex-Partners von Bruch: Ersteres ist ein Autorenfehler, letzteres liegt im Charakter des Michael Bartko. Es muss noch geklärt werden, warum alle, aber auch wirklich alle Ermittlungen um den Fall „Jasmin“ vor Eingreifen der ehemals Hamburger Polizistin Nicole so schlampig erfolgten und nicht ein einziger positiver Bulle auftaucht. Bis auf den KOK von der Spurensicherung. Ich empfehle da noch mal dies hier.
Mehr lässt sich nicht schreiben. Außer, dass er mich wieder gefesselt hat und ein möglicherweise grünes Buch in nicht allzu großer Ferne erscheinen wird.
- DTV / Rowohlt / Hamburg 2023 / ISBN: 978-3-8052-0091-2 / 413 Seiten
- Frank Goldammer: Wikipedia / Webseite / Autorenseite
©️ Bücherjunge (NZ, 25.08.2023)